Liebschaft

Zum ersten Advent was herziges:

Liaison = flüchtige Liebschaft
Ein Liaisonbeamter ist dann ein staatlicher Verwalter von Liebeleien? Ein Zuhälter vielleicht? Oder der Prostititionszuständige auf dem Gesundheitsamt?
Nein.
Der “Liaisonbeamte” arbeitet im Bereich der Abschiebung von Asylanten.

Erstaunlich auch, dass zur Abwechslung mal eine französische Vokabel für die Worterfindung herhalten musste. Und Zack – da haben wir’s auch schon: im Französischen bedeutet Liaison nicht nur Liebschaft, sondern u.a. auch Zugverbindung. Und -na klar – ohne Verkehrsmittel keine Abschiebung.

Wer denkt sich eigentlich all die wunderbaren politischen Vokabeln aus, die garantiert nicht verraten, was sie eigentlich meinen? Hochspezialisierte Wortdesigner, Werbetexter der besonderen Art, Spezialisten der Generation “Irgendwas mit Medien”.
Oder irgendwas mit Design.

Ich hatte vor einigen Jahren einen Nachbarn aus der Gegend um Rosenheim, der wollte Umweltdesigner werden. Sagen wir mal: er hatte sich für einen Studienplatz beworben. Aber nun mache er erstmal ein Praktikum in einer Bar an der Friedrichstraße.
In einer Bar?
Ja, er hätte dort eine kleine Tauschbibliothek mit knapp 20 Büchern eingerichtet.
Was hat das mit Umweltdesign zu tun?
Und was ist überhaupt Umweltdesign?
Die Antworten fielen – nicht überraschend – spärlich und nichtssagend aus.

Zuhause, also in der Wohnung nebenan, testete er jedenfalls weitere umweltdesignerische Methoden: Dazu kiffte er sich erst einmal bis zum Anschlag zu und dann drehte er die Bassboxen so laut, dass es einem kleinen aber andauernden Erdbeben der Stärke 3-4 entsprach, dass das Haus und einen Teil des Straßenpflasters vier Etagen tiefer in Wallung brachte. Diese Versuche führte er zu verschiedenen Uhrzeiten durch, z.B. mittags um zwölf oder auch nachts um vier. Leider versäumte er es, eine genaue Protokollierung seiner Experimente anzulegen, was sich zu seinem Ärger für die Auswertung und Anerkennung als Vorpraktikum negativ auswirkte.
Aber er hatte da ja noch die 17 Tauschbücher (drei hatten sich in Luft getauscht)…

Es gibt inzwischen jedenfalls auch Menschen, die sich tatsächlich aktiv als “Umweltdesigner” engagieren, wie zum Beispiel der, der angibt, dass er gerne Firmenlogos entwerfen möchte und sich dafür im Rahmen seiner Möglichkeiten umweltbewusst ernährt (hat seine www.Seite nach kurzer Zeit wieder aufgegeben – schade!).

Oder wie wäre es mit einer 3D-Software, mit der man umweltdesignerische Qualitäten prüfen kann (…wer’s verstanden hat, gibt Bescheid).

Ansonsten muss die Bezeichnung Umweltdesign auch für Kreditverkäufe und andere Merkwürdigkeiten herhalten, aber auch für PET-Sprudelflaschen mit Packpapierumverpackung …

Vielleicht ist letzteres das, was an der Uni Potsdam zwei Studienmodulen “1.142 + 2.122 Produkt- und Umweltdesign” vermittelt wird.

Im Allgemeinen scheint Umwelt-Design tatsächlich alles und in den meisten Fällen nichts wirklich sinnvolles für die Umwelt zu sein (abgesehen von Punkt 2. + 4.):
1. Alle Gegenstände (Produkte) in unserer Umgebung (Umwelt), die irgendwie mit Design ausgestattet werden: Möbel, Fahrstühle, Fahrradlenker, Einkaufstaschen etc.
2. Gartenbau und Landschaftsgestaltung (Ein Gärtner heißt demnächst Umweltdesigner?)
3. Gestaltung mit Natur-Material (Holzkugelschreiber, Schilftapete, Weidenkorb, Hanf-Kalender…
4. Recyceln (Vasen aus Gartenschlauchresten, Fußmatten aus Fahrradschläuchen, Raumteiler aus Kartonwellpappe…)
5. Gestaltung nach dem Vorbild der Natur (Lampen in Quallenform, Polster aus Moosplüsch…)
6. Dinge, meist Kleidung und andere Textilien, die mit Motiven aus der Natur bedruckt wurden.

PS: Hatte mein junger süddeutscher Nachbar mal was von einer Umweltbibliothek gehört und da irgendwas durcheinandergebracht?
PPS: Könnten Liaisonbeamte nicht besser kleine Herzen häkeln und sie an alle Straßenlaternen hängen unter denen sich Menschen küssen?
PPPS: Vielleicht heißt ja auch das Straßenbauamt demnächst “Amt für Umweltdesign”?

 

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